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 Philosophie

Die Philosophen der frühen Jahre standen an der Spitze des aktuellen Wissens ihrer Zeit, was man von den späteren und heutigen Philosophen immer weniger behaupten kann.
Die neue Philosophie beschäftigt sich immer mehr rückwärtsgewandt mit sich selber unter Einsatz veralteter Mittel und hat immer weniger Kontakt zum relevanten Wissen der Gegenwart.


Endgültige Beweise


Philosophisch betrachtet kann man nach dem momentanen Stand der Dinge nichts endgültig beweisen, weil letztlich immer irgend ein Axiom oder Dogma herangezogen werden muß.

Womöglich ist das prinzipbedingt und wird ewig so bleiben. Einerseits ist das eine interessante Frage, letztlich aber spekulativ und insbesondere scheint es für das menschliche Leben bedeutungslos. Fakt ist also, dass wir keine endgültigen Beweise haben, aber auch dass wir die Grenzen, bis wir auf Axiome zurückgreifen müssen, immer weiter verschieben. Ungeachtet dieser Tatsache sind wir trotzdem zu praktisch sicherer Erkenntnis fähig.

Das Argument des fehlenden endgültigen Beweises ist irrelevant. Von Bedeutung ist aber sehr wohl die Qualität und Ernsthaftigkeit der Axiome und die Fehlerfreiheit der darauf aufbauenden Beweisführungen.


Philosophie versus Wissenschaft


Wenn ich mir Qualität und Quantität des philosophischen Outputs der letzten 2500 Jahre ansehe und ihn mit dem der Naturwissenschaften vergleiche, dann habe ich keinen Zweifel welchem Weltbild ich mehr vertrauen kann.


Wie scharf sind unsere Begriffe?


Für viele heftig diskutierten Begriffe haben wir keine ausreichenden Definitionen.

Wir lernen die Begriffe im Laufe unseres Lebens anhand von Beispielen immer besser anzuwenden und von anderen Begriffen abzugrenzen.
Daraus folgt, dass wahrscheinlich kein, oder zumindest kaum ein Begriff, von unterschiedlichen Personen identisch aufgefaßt wird. Die "Differenz" der unterschiedlichen Vorstellungen zu den einzelnen Begriffen nenne ich mal Unschärfe.
Dass wir uns trotzdem mehr oder weniger erfolgreich verständigen, obwohl wir alle zu den verwendeten Begriffen unterschiedliche Vorstellungen haben, liegt daran, dass die Unschärfe der Vorstellungen unter der notwendigen Schärfe der Aufgabenstellung liegt.
"Der Pulli ist rot", reicht in den meisten Fällen aus, um anderen zu vermitteln welchen optischen Eindruck ein Pulli provoziert, und das obwohl die einzelnen Begriffe Unschärfe aufweisen.
Bei philosophischen Gedankengängen reicht die Schärfe der Begriffe oft nicht aus. Wenn ich über Wahrheit, Realität, Freiheit, Glück, Identität, das Gute, das Böse, die Seele rede oder nachdenke, dann ist der Begriff selten ausreichend scharf definiert und wird mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet.

Sauberes Denken erfordert ausreichend scharfe Definitionen der Begriffe. Von Natur aus verfügen wir nicht automatisch über diese Genauigkeit.


Von welcher Welt sprechen wir?


Genaugenommen gibt es nur eine einzige objektive Welt, die außerhalb unserer Köpfe von uns unabhängig existiert und wir sind ein unvorstellbar kleiner Teil davon [Objektive Welt].

Aber ein winzig kleiner Bereich dieser objektiven gesamten Außenwelt ist eine komplexe Struktur, die wir Erde nennen und deren Bestandteil auch die gesamte Menschheit ist. Obwohl auf der Erde letzlich die gleichen Regeln herrschen wie im restlichen Universum, haben sich hier sehr spezifische Zustände gebildet, die für uns Menschen von allerhöchster Wichtigkeit sind, weil wir eben in dieser Materieverdichtung leben und nicht an einer anderen. Deshalb ist es aus praktischen Gründen sinnvoll diesem Bereich der Welt als separate Welt zu betrachten, innerhalb der scheinbar besondere eigene Gesetze gelten. Und genau das tun viele Menschen auch, ohne sich darüber klar zu sein [Praktische Welt].
Schließlich bildet sich aber auch jeder einzelne Mensch in seinem Kopf eine Vorstellung von der Welt, die stark von den anderen beiden Welten abweichen kann, aber für diese Person von größter Bedeutung ist, da er darauf basierend, täglich Entscheidungen fällt, von denen manchmal sogar sein Leben abhängt. Deshalb sollten wir auch diesen fast sieben Milliarden Welten eine eigene Realität zuschreiben [Subjektive/Individuelle Welt(en)].
Leider zeigt sich, dass in Gesprächen, aber auch innerhalb von Argumentationsketten, diese drei "Welten" miteinander vermischt werden, wodurch das Verständnis unnötig erschwert, oder zum Teil sogar unmöglich gemacht, wird.

Wenn wir also über "die Welt", oder Aspekte davon sprechen oder nachdenken, dann sollten wir unbedingt vorher klären welche Welt wir eigentlich meinen.

Nachtrag: Inzwischen habe ich festgestellt, dass Frege und insbesondere Popper schon ähnliche Gedanken unter der Bezeichnung "Drei Welten Lehre" formuliert haben.


Der gesunde Menschenverstand


Man kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass der gesunde Menschenverstand gut funktioniert.
Wenn dem nicht so wäre, gäbe es uns weder als Individuum noch als Gattung, denn zu viele falsche Entscheidungen überlebt man nicht.

Für den größten Teil des Alltags reicht der gesunde Menschen also durchaus aus, aber für manche Alltagsfragen und insbesondere für alle darüber hinausgehenden Fragen, reicht er eben nicht aus, denn dafür wurde er nicht "gemacht". Solche Fragen müssen dann mit "professionelleren" Mitteln (Wissenschaft, Philosophie) angegangen werden.

Manche Philosophen nehmen die Mängel des gesunden Menschenverstandes aber als unzulässige Begründung ihm jegliche Zuverlässigkeit abzusprechen, also auch dort wo er brauchbare Ergebnisse liefert.


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"Wenn ein Philosoph einem antwortet, versteht man überhaupt nicht mehr, was man ihn gefragt hat." [André Gide]